Familie und Arbeit bei der öffentlichen Hand

Die Work-Life-Balance aus Sicht einer echten Familien-Geschichte

Der Spagat zwischen Familie und Beruf ist nicht immer leicht. Die Arbeit und die Partnerschaft mitsamt den Kindern unter einen Hut zu bringen, ist für viele Beschäftigte ein immer wichtigeres Kriterium bei der Stellenwahl. Eine offene Unternehmenskultur, familienfreundliche Vorgesetzte sowie die Freiheit, die Arbeitszeiten und -orte selbst einzuteilen, sind zentral. Das werden sich die Arbeitgeber*innen zusehends bewusst. Öffentlich-rechtliche Körperschaften schenken diesen Themen schon lange mehr Aufmerksamkeit. So sind Teilzeitarbeit, Jobsharing, Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder zum Beispiel längere Auszeiten (Sabbaticals) vielerorts etabliert. Die Angebote und Massnahmen für arbeitende Eltern sind vielfältig, um eine gute Work-Life-Balance zu ermöglichen. Die Angebote, den Mutterschaftsurlaub auf unbezahlter Basis zu verlängern oder das Pensum nach der Geburt eines Kindes zu reduzieren, sind bei vielen Arbeitgebenden der öffentlichen Hand weit verbreitet. Dies gibt besonders Müttern die Möglichkeit, im Arbeitsleben zu bleiben und Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Kindererziehung, Besuche beim Kinderarzt oder gemeinsame Stunden sind jedoch nicht nur Aufgaben der Mama, sondern gehören auch zur Vaterrolle. Immer mehr Väter haben den Wunsch, sich intensiver ihrer Familie und den Kindern zu widmen und arbeiten beispielsweise 80 Prozent, indem sie sich einen fixen Papa-Tag einrichten.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei der öffentlichen Hand

Aber wie zielführend sind solche Teilzeitarbeitsmodelle im Alltag einer Familie? Um das herauszufinden, haben wir eine Familie aus einem Bekanntenkreis befragt. Eva-Maria (34), arbeitet als Sozialarbeiterin bei der Stadt Zürich im Teilzeitpensum 60%. Dexter (36), arbeitet als Controller bei der Gemeinde Zumikon im Teilzeitpensum 80%. Sie haben zwei gemeinsamen Kinder im Alter von 4 und 2.

1. Was braucht es für eine «gute» Vereinbarkeit? 

Dexter: Für eine gute Vereinbarkeit braucht es vor allem eine gute Organisation und Absprache mit dem Partner/der Partnerin. Dabei spielen auch eine gute Kommunikation und gegenseitiges Verständnis eine zentrale Rolle. 
Eva-Maria: So ist es. Zusätzlich müssen natürlich die persönlichen und beruflichen Rahmenbedingungen beider Elternteile vorhanden sein und passen, um die Vereinbarkeit möglich zu machen. Der Wille zur gleichberechtigen Aufgabenteilung alleine reicht nicht aus. Eine Betreuungssituation, welche einem persönlich entspricht, respektive bei der einem wohl ist, ist Voraussetzung. Was natürlich auch hilft, ist ein soziales Netzwerk an Personen, die im Notfall einmal einspringen könnten.

 2. Habt ihr konkrete Situationen, in denen Vereinbarkeit scheitert?

Eva-Maria: Ja, solche Situation gibt es durchaus. Nicht gerade, dass die Organisation komplett scheitert, aber sie kommt schon mal ins Wanken. Dann braucht es auf jeden Fall sehr viel Flexibilität und Einsatz von beiden. Beispielsweise wenn die Kinder in kurzer Zeit mehrmals oder auch abwechslungsweise krank sind. Das Verständnis im Arbeitsbetrieb ist zwar glücklicherweise bei beiden da, allerdings bleibt die Arbeit liegen, was wiederum mehr Stress bedeutet. Wir versuchen uns dann abzuwechseln, um bei der Arbeit nicht allzu häufig fernzubleiben. Diese Gleichberechtigung führt aber zu Diskussionen, weil beiden ihre jeweiligen Arbeitstage wichtig sind.
Dann kommt schon mal Nervosität auf, wenn man beispielsweise am Abend vor einem Kita-Tag bemerkt, dass eines der Kinder nicht so fit ist. Wir haben allerdings das grosse Glück, unsere Eltern sehr nahe zu haben und häufig verfügbar zu wissen. Immer geht das zwar nicht – vor allem  wenn die Kinder krank sind. Aber es ist dennoch ein grosses Privileg und allein das Wissen darum, einen Plan C zu haben, erleichtert vieles und bringt Entlastung.
Dexter: Das trifft den Punkt ziemlich genau.Es geht um die ständige Herausforderung, in der Alltagsplanung flexibel zu bleiben. Mit Kindern ist vieles einfach nicht planbar. 
 

3. Wie sind eure Arbeitszeiten und wie lange sind eure Kinder in der Betreuung?

Dexter/Eva-Maria: Eva-Maria arbeitet 60-70 Prozent und übernimmt die Kinderbetreuung am Montag und Dienstag. Dexter arbeitet 80 Prozent und übernimmt den Mittwoch. Einzelne zusätzliche Arbeitsstunden und -tage von Eva-Maria werden durch die Grosseltern abgedeckt. Am Donnerstag und Freitag sind die Kinder in der Kita betreut. Wir sind sehr zufrieden mit der Kita und wissen, dass die Kinder dort gut aufgehoben sind. Das macht es vom Gefühl her auch einfacher konzentriert der Arbeit nachzugehen.  

4. Was macht ihr, wenn eines der Kinder krank wird bzw. wer von euch springt da ein?

Dexter/Eva-Maria: Wir achten drauf, dass die Kinderbetreuung ausgeglichen ist. Deshalb wechseln wir uns ab. Dies hat sich bis jetzt sehr gut bewährt. Siehe auch Frage 2.:-)

5. Sehr ihr einen Mehrwert, bei der öffentlichen Hand zu arbeiten, um die Work-Life-Balance noch besser zu gewährleisten?

Dexter: Bei mir ist es so, dass ich meistens zu Schalterzeiten arbeite. Grundsätzlich beginne ich die Arbeit bereits um 7 Uhr und entsprechend beende ich den Arbeitstag bereits um zirka 16 Uhr. Es gibt Zeiten, die müssen abgedeckt sein, aber mein Arbeitgeber zeigt sich auch bei kurzfristig erforderlichen (Arbeits-)Planänderungen flexibel und verständnisvoll, was ich sehr schätze. Durch den kurzen Arbeitsweg habe ich das Privileg, viel Zeit mit der Familie zu verbringen und kann abends häufig das Kochen übernehmen, da Eva-Maria länger arbeitet. Meine Arbeitszeiten und der kurze Arbeitsweg bringen mir einen enormen Mehrwert und ermöglichen eine sehr gute Work-Life-Balance. Die Bereitschaft, auf meinen Wunsch eines Teilzeitpensums einzugehen, war damals sehr gross und wurde ermöglicht.
Eva-Maria: Für mich bringen die neugeschaffenen Home-Office-Möglichkeiten einen enormen Mehrwert. Diese werden glücklicherweise – speziell durch die Leitung in meinem Team – weiter gefördert und ermöglicht. Darüber bin ich sehr froh und dankbar. In der Regel kann ich mir einen meiner drei Arbeitstage zuhause einrichten, sofern es abgesprochen ist und die Kliententermine und Sitzungsgefässe es zulassen. Dadurch spare ich enorm viel Zeit, am Morgen die Kinder für die Kita parat zu machen und zu bringen. Es ist weniger hektisch und das wirkt sich vermutlich auch aufs Wohlbefinden der Kinder positiv aus. Hinsichtlich des baldigen Kindergarten-Eintritts unseres Sohnes beruhigt einem das, da dann morgens gar zwei verschiedene Orte angesteuert werden müssen. Durch den Homeoffice-Tag habe ich auch die Möglichkeit, am Mittag etwas für mich oder den Haushalt zu machen.
Was ich ebenfalls schätze ist, dass ich bezüglich meiner Arbeitsplanung grundsätzlich sehr flexibel bin und mir die Termine selber einteilen kann. Da wird uns viel Vertrauen entgegengebracht – was natürlich auch mit Verantwortung einhergeht, welche ich aber gerne trage! Ich gehe jedoch einer Arbeit nach, die liegenbleibt, wenn ich fehle. Entsprechend «büsse» ich Abwesenheiten dann halt mit zusätzlichem Stress, was es mit der Vereinbarkeit nicht immer einfach macht.
Ich bin sehr froh, eine Arbeitgeberin wie die Stadt Zürich zu haben und erfahre stets Verständnis für meine private Situation. Ich arbeite bereits seit vielen Jahren für die Stadt und fühle mich nach wie vor in meinen persönlichen und beruflichen Möglichkeiten gefördert und unterstützt, auch nachdem ich seit der Familiengründung auf 60 Prozent reduziert habe. Es ist und bleibt aber trotzdem eine Mehrfachbelastung, auch wenn mir meine Berufstätigkeit sehr wichtig ist. Als Ausgleich zum intensiven Familienleben zuhause und auch auf persönlicher und beruflicher Entwicklungsebene für mich möchte ich sie nicht missen. 

6. Welche Verantwortung bezugnehmend auf dieses Thema seht ihr in der Politik? Welche bei Arbeitgeber*innen?

Dexter: An meinen Kinderbetreuungstagen auf den Spielplätzen treffe ich eher wenig andere Väter mit Kindern an. Ich wünschte mir, dass Teilzeitpensen für Männer in der Gesellschaft stärker verankert sind und in allen Bereichen und Branchen ermöglicht und aktiv gefördert werden. Auch Väter sollten sich aktiv dafür stark machen, denn sie sind genauso in der Verantwortung, und was eigentlich selbstverständlich sein sollte, scheint leider noch immer nicht in allen Gesellschaftsbereichen angekommen zu sein. Meine Frau nervt sich und witzelt manchmal darüber, wie ich als Vater dafür gerühmt werde, einen «Papi-Tag» zu haben.
Eva-Maria: Auch wenn wir persönlich als Familie jetzt schon sehr gute Bedingungen haben, denke ich, dass es noch viel zu tun gibt in Sachen Gleichstellung und Vereinbarkeit von Job und Familie. Die Themen sind politisch erkannt, es geht jetzt um die Durchsetzung und Verankerung in allen Gesellschaftsschichten und Branchen.

Vielen Dank an Eva-Maria und Dexter für dieses spannende Interview!  


Die Kinderbetreuung und das Arbeitsleben lassen sich je nach Arbeitgebende besser oder schlechter miteinander verbinden – vielfach ist der Berufsalltag von Arbeitnehmenden nicht familienfreundlich gestaltet. Umso wichtiger ist es, dass der öffentliche Sektor mit gutem Beispiel voran geht. Nichtdestotrotz bleibt abschliessend anzumerken: es ist noch viel Verbesserungspotential da und die Arbeitswelt ist noch weit weg von der Gleichberechtigung. 


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